Berufungsprozess 2024

Vier Jahre nach dem antisemitischen Angriff auf dem Haus der Burschenschaft Normannia wird der Fall im Berufungsprozess neu verhandelt. Nachdem 2022 drei Burschenschafter, darunter ein ehemaliger Normanne, verurteilt worden sind, ging der Rest in Berufung.

Hier könnt ihr unsere Prozessberichte lesen:

Einordnung des Urteils des Landgerichts

Am 26.09. endete die zweite Runde im Normannia-Prozess. Wir gehen momentan nicht davon aus, dass die Angeklagten Revision einlegen – somit wäre zumindest auf der juristischen Ebene das Nachspiel der Ereignisse vor 4 Jahren, die die Normannia maßgeblich zu Fall brachten, beendet.
Dass die Berufung verworfen wurde, ist für uns zwar angesichts der Wut der rechten Burschenschafter und ihrer Szene-Anwälte eine kleine Genugtuung, aber kein Grund zu feiern.
Speziell für uns als Kampagne gegen den Wiederaufbau der Burschenschaft Normannia bringt uns das Urteil nicht zwangsläufig unserem Ziel näher. Da wir uns nicht darauf ausruhen, dass der „demokratische Rechtsstaat“ den Kampf gegen Faschist:innen in der notwendigen Konsequenz führt, war von Anfang an klar, dass der Prozess für uns primär zur Informationsgewinnung beitragen würde – und selbst das nur bedingt, da wir keine Aussage von Angeklagten und Zeug:innen ohne weiteres glauben können. Dass bei diesen etliche Verbindungen zu oder Mitgliedschaften in der AfD, ihrer Jugendorganisation oder ihrem aktionistischerem Vorfeld in der „Identitären Bewegung“ bestehen, war wenig überraschend. Im Prozess kamen diese allerdings nur als Randnotizen vor. Der explizite Selbstanspruch der Burschenschaften als Elite der Nation passt ideal zum Chauvinismus, Rassismus und Sexismus der AfD.

Zuletzt müssen wir feststellen, dass das öffentliche Interesse am Fall Normannia nach 4 Jahren merklich abgenommen hat. Das ist verständlich und geht auch an uns nicht vorbei: das Ziel der Kampagne ist zwar nach wie vor klar, doch durch die schwer einsehbaren Strukturen des Altherrenvereins ist es für uns schwierig, nächste Schritte zu planen. Uns bleibt daher nur übrig, die Augen und Ohren offen zu halten, wachsam zu sein und – sollte sich etwas tun – bereit zu stehen, unser Ziel wieder in Angriff zu nehmen.

Wir stellen daher unsere öffentlichen Aktivitäten bis dahin ein. Sämtliche digitale Infrastruktur bleibt erhalten, wir sind weiterhin für Informationen erreichbar und werden uns unserem Ziel nähern, sobald sich eine Möglichkeit dafür ergibt.

Prozesstag 4: 26.09.2024

Urteilsverkündung: Das Landgericht Heidelberg hat heute im Normannia-Komplex das Urteil gesprochen: Die Berufung wird auf Kosten der Angeklagten verworfen. Damit wird das Urteil des Amtsgerichts, das Luis S. und Maximilian H. 2022 zu jeweils 8 Monaten Haft, ausgesetzt auf zwei Jahre Bewährung, verurteilt hatte, bestätigt. Binnen einer Woche können sie Revision einlegen.
Eine Einordnung des Urteils und des letzten Prozesstages folgt in Kürze.

Prozesstag 3: 24.09.2024

Am dritten Prozesstag wurden die letzten Zeug:innen im Berufungsverfahren gegen die zwei verbliebenen angeklagten Burschenschafter Luis S. (ehemals Burschenschaft Normannia Heidelberg) und Maximilian H. (ehemals Burschenschaft Germania Köln) befragt. Der erste Zeuge, ein mit Teilen der Ermittlungen betrauter Polizist, nahm Stellung zu einigen Chatnachrichten aus den ausgewerteten Handys. Dabei kam kurz zur Sprache, dass Luis S. wohl unter einigen Verbindungsstudenten den Spitznamen „Stalingradler“ hatte. Auch die rechten Memes und Videos, die die ehemalige Freundin von Luis S. ihm geschickt hatte, wurden erneut eingebracht – ein Verteidigeranwalt bezeichnete diese pauschal als Satire. Innerhalb der Chats wurde bemängelt, dass nun „noch mehr Namen“, die dort genannt wurden, „noch mehr Anzeigen“ einbrächten.
Ein – scheinbar vor allem aus Sicht der Verteidigung – wichtiger Zeuge, ein Mitglied der Landsmannschaft Afrania Heidelberg, erschien nicht vor Gericht, da er sich zur Zeit in China befindet. In einem Exkurs erklärte die Richterin, wieso ein Rechtshilfeersuchen an die Volksrepublik aussichtslos sei und dass auch keine Bußgelder gegen den Zeugen erwirkt werden könnten. Daher wird die Aussage des Zeugen Tobias H. aus dem ersten Verfahren verlesen. Dieser widerspricht in vielen Punkten den Darstellungen der Verteidigung. Im Anschluss saß Richterin Bargatzky, die im Prozess in erster Instanz am Amtsgericht mit dem Fall betraut war. Sie erzählte, wie schwierig die Befragung der Zeug*innen gewesen sei, die sich an nichts erinnern konnten oder wollten, zu viel getrunken haben wollten und überall Erinnerungslücken aufwiesen, außer bei Sachverhalten, die Korporierte aus anderen Verbindungen betrafen. Scheinbare Widersprüche in ihren Ausführungen kann sie auf Nachfrage der Verteidiger auflösen und bekräftigt ihre Wahrnehmung der Zeugenaussagen und des Sachverhalts.
Nach den Aussagen zwei weiterer Polizeibeamter war der im selben Fall verurteilte Kölner Burschenschafter an der Reihe. Lukas K., der angibt, zum Tatzeitpunkt das das einzige aktive Vollmitglied der Burschenschaft Germania Köln gewesen zu sein, räumte seine Beteiligung am Gürteln ein – die Berufung hatte er kurz vor Prozessbeginn zurückgezogen. Als er gesehen habe, wie die Gruppe an Menschen den Geschädigten mit Gürteln schlagen, habe das „interessant ausgesehen“ und er habe „mitmachen wollen“ –  das Ganze sei schweigend abgelaufen und antisemitische Beleidigungen seien nicht gefallen. Er zog dabei vergleiche zu „Handtuchkämpfen“ in der Männerumkleidekabine, oder einem Stiefelkreis, bei dem eine Person in einer Kreismitte getreten werde. Bei K. selbst seien die Emotionen hochgekocht, unter anderem weil der Geschädigte Mitglied der Landsmannschaft Afrania sei, die im Treubund mit der Landsmannschaft Macaria Köln ist, mit der die Kölner Germania „eine Fehde habe“. Reue zeigt Lukas K. nicht; „ich war mit dem Gürteln zufrieden“. Verbindungsintern wurde er als Reaktion auf Bekanntwerden des Falls lediglich für drei bis vier Monate aus der Burschenschaft dimittiert – es ist davon auszugehen, dass er mittlerweile wieder aktives Vollmitglied ist. Bei kritischen Nachfragen zu seinen Aussagen erinnert sich K. plötzlich nicht mehr – vor allem, wenn es um die Beteiligung von Luis S. und seinem ehemaligen Bundesbruder Maximilian H. ging.
Nach einer kurzen Befragung eines weiteren Mitglieds der Burschenschaft Rhenania-Salingia aus Düsseldorf, Adalbert S., kam die Gutachterin der Rechtsmedizin zu Wort. Diese hatte den Geschädigten untersucht und die Verletzungen „durch stumpfe Gewalt“ festgestellt. Es sei weder auszuschließen noch eindeutig eingrenzbar, dass die aufgefundenen Hämatome durch Schläge mit einem Gürtel zustanden gekommen seien. Danach werden Auszüge aus dem Bundeszentralregister verlesen: Maximilian H. wurde 2021 wegen Hausfriedensbruch verurteilt, für Luis S. gibt es keine Einträge. Da die beiden Angeklagten zum Tatzeitpunkt noch als Heranwachsende galten, muss das Gericht mithilfe der Einschätzung der Jugendgerichtshilfe entscheiden, ob die Angeklagten nach Erwachsenen- oder dem milderen Jugendstrafrecht behandelt werden. Für Luis S., einen zum Tatzeitpunkt bereits bekannten rechten Aktivisten, brachte die Jugendgerichtshilfe einen schwammingen Bericht ein, in welchem S. als „freundlicher junger Mann“ beschrieben wird, der „nicht weiß, was er sagen soll“ und in der Burschenschaft Normannia „nach Anschluss suchte“. Die politischen Aktivitäten von S., beispielsweise als Leiter der lokalen Gruppe Identitären Bewegung, blieben völlig unbehelligt – ein weiterer Fall der Verharmlosung von rechter Hetze. Während sich die Jugendgerichtshilfe im Fall von Luis S. nicht auf eine Empfehlung festlegen wollte, wurde von der aus Köln empfohlen, im Fall von Maximilian H. vom Jugendstrafrecht abzusehen. Damit wurde die Beweisaufnahme geschlossen.
In den Abschlussplädoyers trugen die Verteidiger aus ihrer Sicht zusammen, warum ihre Mandanten freizusprechen seien. Ein Verteidiger bezeichnete den Angriff auf Philipp S. als „spätpubertären Verbindungsschabernack“. Die Staatsanwaltschaft dagegen sieht das Urteil des Amtsgericht bestätigt und plädiert, die Berufung auf Kosten der Angeklagten zu verwerfen.
Das Urteil wird am Donnerstag, 26.09., um 10:30 am Landgericht Heidelberg gesprochen.

Prozesstag 2: 19.09.2024

Am 19.09., dem zweiten Verhandlungstag im Normannia-Prozess, trat als erster Zeuge der Geschädigte Philipp S., Mitglied der Landsmannschaft Afrania, auf, der am 28.08.2020 mit Gürteln geschlagen, mit Münzen beworfen und antisemitisch beleidigt wurde. Dieser widersprach mit seinen Ausführungen wenig überraschend den Erklärungen, die die Angeklagten am Montag abgegeben hatten. Während Philipp S. seine Aussagen machte und Fragen beantwortete, lachte Luis S. immer wieder. Das „Gürteln“ als – wie die Angeklagten und einige Zeugen beschreiben – bei den Normannen angeblich gängiges Ritual habe der Geschädigte nicht gekannt – es habe im Nachgang des Vorfalls einen „Wikipedia-Edit-Krieg“ gegeben, indem Alte Herren der Normannia versucht hätten, das „Gürteln“ mit einem Artikel nachträglich zu legitimieren.

In seiner ersten Aussage bei der Polizei nannte Philipp S. keine Beteiligten, obwohl ihm mit Luis S. und André R. mindestens zwei bekannt gewesen seien. Auf Nachfrage gibt er an, er habe Luis S. aus der Sache heraushalten wollen, weil sie damals befreundet gewesen seien. Auch bei dieser Aussage macht Luis S. ein scheinbar amüsiertes Gesicht. Er beschreibt den Vorfall als einen Mob-artigen Angriff auf einen wehrlosen Einzelnen. Der Verteidiger Max Bartusch fragte ihn im Anschluss an seine Aussage, ob er mit seinem Vorfall zur jüdischen Gemeinde, oder „einer anderen Großloge“ gegangen sei. Der Bezug zur „Großloge“ ist nicht nur eine seltsame Wortwahl, sondern lässt auch eine Anspielung auf eine antisemitische Verschwörungserzählung vermuten, laut der jüdische Geheimbünde in so genannten Logen organisiert das Weltgeschick lenken.
Als zweiter Zeuge war der ehemalige Normanne André R. geladen, der im ersten Prozess einen Freispruch erreichte, da die Richterin des Amtsgerichts sich über seine Beteiligung „nicht sicher genug“ war. Er bestätigt im Wesentlichen die Darstellung von Luis S. und beschreibt ebenso, dass das gegenseitige Auspeitschen mit Gürteln ein „spaßiges Duellieren“ gewesen sei, „was junge Männer halt so machen“. Auch sein Bruder Sebastian R., der zwar kein Vollmitglied der Normannia war, aber der Burschenschaft doch sehr nah stand, bringt keine großen Erkenntnisse. Er meint außerdem, dass die Beleidigung als „Judensau“ nicht böse gemeint gewesen wäre, sondern eher als „alkoholisierter Witz“ einzuordnen sei.
Im Anschluss wurde Larissa G., damalige Partnerin von Luis S. befragt. Sie hatte bereits im Vorfeld des ersten Prozesses einen Strafbefehl über 90 Tagessätze akzeptiert, will aber nicht wirklich verstanden haben, wieso. Sie erklärt, sich damit aus der Öffentlichkeit heraushalten haben zu wollen. Das hat wohl nicht funktioniert, denn es kommen wie im letzten Prozess die Chatnachrichten zur Sprache, die sie mit Luis S. ausgetauscht hat: Darin finden sich antisemitische, den Nationalsozialismus verharmlosende und zutiefst rassistische Bilder und Videos, beispielsweise ein Bild eines Maschinengewehrs betitelt mit „Lehnt bis zu 1400 Asylanträge pro Minute ab“. Auf Nachfrage gibt sie an, sie wisse nicht mehr woher sie die Bilder habe – sie habe sie Luis S. geschickt, da sie dachte, er könnte sie lustig finden. Es sei ja bekannt gewesen, dass die Normannia dem rechten Spektrum zuzuordnen sei.
Der Zeuge Kilian S., ehemaliger Normanne und weiterhin aktives Mitglied der AfD-Nachwuchsorganisation „Junge Alternative“, konnte oder wollte nichts zum Sachverhalt beitragen. Er sei viel zu betrunken gewesen und erinnere sich an nichts. Die Frage, ob er gewusst habe, dass der Geschädigte jüdische Wurzeln hat, verneint er – denn er dachte eigentlich, dass dieser bloß spaßeshalber als Jude bezeichnet werden würde, weil er sich viel mit Finanzen beschäftige. Auch sein ehemaliger Bundesbruder Maximilian W. kann angeblich aufgrund seines Alkoholkonsums an dem Abend nichts beitragen.
 
Als letzter Zeuge trat Tim Z. auf, der dem Geschädigten wohl nahesteht. Er bestätigt im Wesentlichen die Version des Geschädigten, allerdings bestehen immer wieder Unterschiede zu seinen vorherigen Aussagen bei der Polizei. Er beschreibt, dass der Angriff auf Philipp S. diesen sehr getroffen habe, da er den Normannen vertraut habe. Diese hätten ihm, Philipp S. ein paar Jahre vorher sogar „das Band angeboten“, um ihn in die Burschenschaft Normannia aufzunehmen. In den Befragungen durch die Verteidiger macht er immer wieder unklare Aussagen und einige widersprüchliche Aussagen.

Prozesstag 1: 16.09.2024

Am 16.09. begann vor dem Heidelberger Landgericht der Berufungsprozess im Fall des antisemitischen Angriffs auf dem Haus der Burschenschaft Normannia vor 4 Jahren.
Auf den Aufruf von Antifaschist*innen, den Prozess kritisch zu begleiten, reagierte das Landgericht mit strengen Einlasskontrollen – so mussten alle Besucher*innen beim Einlass in den Verhandlungssaal ihren Personalausweis abgeben und durften keinerlei elektronische Geräte mit hinein nehmen. Mehrfach wurden darüber hinaus willkürlich Schlüssel, Bücher und Geldbeutel einbehalten, in mehreren Fällen wollten die anwesenden Polizist*innen sogar Notizbücher einbehalten, was abgewendet werden konnte. Die Demonstration von Macht und Einschüchterung von anwesenden Antifaschist*innen und anderer Besucher*innen war offensichtliches Ziel der Maßnahmen.

Vor Gericht erschienen nur noch zwei Angeklagte: Luis S. wurde von Max Bartusch begleitet, Maximilian Hunze hatte mit Andreas Schoemaker und Mattis Mayer gleich zwei rechte Szene-Anwälte dabei.
Lukas K. hatte die Berufung gegen sein Urteil kurz vor Prozessbeginn Ende letzter Woche noch zurückgezogen. Über die Gründe dafür können wir nur spekulieren – allerdings wird die Öffentlichkeit und die Aussicht auf eine mediale Aufbereitung der Prozesse in seiner Entscheidung sicher eine Rolle gespielt haben. Lukas K. ist damit rechtskräftig wegen gemeinschaftlich begangener gefährlicher Körperverletzung und Beleidung zu 8 Monaten Haft ausgesetzt auf zwei Jahre Bewährung verurteilt. Die anderen beiden versuchen weiterhin, dieses Urteil abzuwenden oder zu mindern

Während die Angeklagten im vorherigen Prozess im Winter 2022 schwiegen, begann der Berufungsprozess mit ausführlichen Erklärungen, die die Angeklagten bzw. ihre Vertretung vortrugen. Darin spielen sie den antisemitischen Vorfall herunter und leugnen ihre Beteiligung an den Angriffen auf den Verbindungsstudenten Philipp S. Ausgesprochen häufig geht es erneut um ein Ritual, das es in der Burschenschaft Normannia gegeben haben soll: das „Gürteln“, bei dem sich in beidseitigem Einverständnis mit Gürteln ausgepeitscht wird. So soll es nämlich auch beim Geschädigten gewesen sei, der dieses Ritual gekannt habe. Bei einigen Besucher*innen drängte sich das Gefühl auf, dass die Burschenschafter viele Aspekte ihrer Sexualität unterdrücken und anders kanalisieren müssen, um in das heteronormative Bild des „starken Mannes“ zu passen.

Auffallend war auch, dass beide Angeklagten zumindest nach außen auf Abstand zu ihren Verbindungen gehen. Luis S. erklärte für sich, dass er in keinem Verhältnis mehr zur Burschenschaft Normannia stehe, und wegen Komplikationen bei seinem Auszug aus der Burschen-Villa sogar kurz erwägt habe, rechtliche Schritte gegen sie einzuleiten. Dass Maximilian H. kürzlich aus der Burschenschaft Germania Köln ausgetreten sei, wurde durch den Vorsitzenden des Altherrenvereins, Markus K., berichtet. Als Wohnanschrift wurde für H. allerdings weiterhin die Burschenschaft Germania angegeben.
All diese Aussagen sind mit Vorsicht zu genießen: oft erhoffen sich Recht durch öffentliche Distanzierungen von ihren (ehemaligen) Strukturen ein milderes Urteil, was nicht selten funktioniert. Über die tatsächliche politische Aktivität der Angeklagten und ihre Verstrickungen in rechte Netzwerke sagt dies daher wenig aus.

Die geladenen Zeugen brachten insgesamt wenig Neues. Gunnar H., ehemaliger „Altherrenvorsitzender“ der Burschenschaft Normannia schwankte in seinen Aussagen stark hin und her, berief sich auf seinen Rausch am Tatabend und machte insgesamt nicht den Eindruck, etwas Neues zum Sachverhalt beitragen zu können oder zu wollen. Nach den Vorfällen habe er den „Convent“ einberufen, der die Auflösung der Aktivitas, die damals aus 7-8 Burschen bestanden haben soll, beschloss. Egon M. habe dieses Treffen geleitet – dieser berichtete dann im Zeugenstand dramatisch von den vielen Tränen, als die Burschen „ihr Couleur ablegen“ mussten. Egon M., CDU-Politiker und ehemaliger Polizeihauptkommissar berichtete, er habe damals umgehend den damaligen Polizeipräsidenten Baden-Württembergs kontaktiert – er beschwerte sich, nicht über die Ermittlungen informiert worden zu sein und gab an, er hätte gerne „selber ermittelt“. Das glauben wir tatsächlich gerne.

Laut Egon M. gibt es aktuell keine Aktivitas der in Cimbria umbenannten Burschenschaft – der Ruf der Struktur sei so nachhaltig zerstört, dass niemand dorthin kommen wolle. Auch die Erwartung, dass sich das öffentliche Interesse mit der Zeit lege und ein Neustart mit der Umbenennung so möglich werde, sei nicht eingetroffen.
Nachdem eine Polizeibeamtin, die bei der Hausdurchsuchung am 03.09.2020 anwesend war, ihre Aussage aus dem letzten Prozess wiederholte, saß daraufhin der Altherrenvorsitzende der Burschenschaft Germania Köln, Markus K., im Zeugenstand. Dieser bestätigte, dass Maximilian H. für den AfD-Politiker Klaus Esser im nordrhein-westfälischen Landtag gearbeitet habe. Wie wir seit einiger Zeit wissen, hat nicht nur Maximilian H. seinen Job dort verloren: auch Klaus Esser musste zurücktreten, nachdem aufflog, dass er seinen Jura-Abschluss gefälscht hatte. Um die rechte Burschenschaft Germania Köln scheint es ebenfalls nicht gut zu stehen: Lukas K., nun rechtskräftig verurteilt, belegte aus Personalmangel wohl zwischenzeitlich mehrere oder gar alle Ämter der Burschenschaft. Hoffentlich setzt sich dieser Trend fort.

Der letzte Zeuge für den ersten Prozesstag war Steffen K., ein Mitglied der „Alten Halleschen Burschenschaft Rhenania-Salingia“, der über Gunnar H. zur Feier am 28.08.2020 kam. Die Rhenania nimmt im rechtsradikalen Dachverband „Deutsche Burschenschaft“ eine tragende Rolle ein, während die Kontakte zur AfD bestens geknüpft sind. Steffen K. bezeichnete die Münzwürfe auf den Geschädigten als antisemitisch motiviert. Dass der Geschädigte laut Aussage von Luis S. einer der häufigsten Gäste auf dem Haus der Burschenschaft Normannia gewesen sein soll, ist durchaus denkbar. Die „Alte Leipziger Landsmannschaft Afrania“, in der der Geschädigte Mitglied war oder ist, kann durchaus auch als rechts bezeichnet werden. Dass der ehemalige Sprecher der Burschenschaft Normannia, Kilian D., nun im Sommersemester 2024 als Mitglied der Afrania gelistet wird, zeigt, dass dort keiner ein Problem mit Rechten hat. Demant war 2019 an einem Angriff auf Verbindungsstudenten der Rupertia beteiligt, und hat laut internen Emails mehrfach – unter anderem bei einem Treffen mit der Germania Köln 2019 – „Heil Hitler“ gerufen.

Der nächste Prozesstag ist am Donnerstag um 9 Uhr am Landgericht.
Wir rufen erneut dazu auf, auch diesen Prozesstag zu beobachten!

Stellt euch auch erneut auf Kontrollen ein und seid rechtzeitig am Landgericht.